Zwischen Fiktion und Wirklichkeit
Ich lese gerade meinen ersten russischen Bestseller. Nein, nicht was ihr denkt. Kein Tolstoi, kein Bulgakow. Es ist Dmitrij Glukhowski. Schwarm der russsichen Feuilletons und Held der Computergeneration. Glughowski hat mit Anfang 20 den Bestseller "Metro 2033" auf den Markt geschmissen, vor wenigen Wochen ist der unvermeidliche Nachfolger "Metro 2034" auf deutsch erschienen.
Die Handlung ist so simpel wie düster. Wir schreiben - das sagt ja schon der Titel - das Jahr 2034 und befinden uns - auch das sagt ja der Titel - in den Katakomben der undurchschaubaren Moskauer Metro. Irgendwelche Idioten haben die ganze Oberfläche mit Atombomben kaputt gemacht und die paar Menschen, die das Inferno überlebt haben, schmachten nun in den Tunneln und Stationen der Metro. Natürlich geht es da unten nicht so gesittet zu, wie sich unsereins sicherlich im Fall einer globalen Katastrophe verhalten würde. Die Menschen haben sich zu Art Kleinstaaten in den verschiedenen Mertostationen zusammengerauft. Da gibt es die Kommunisten (die leben natürlich auf der roten Metrolinie), Menschenfresser, Technikfeinde, die dem "großen Wurm" huldigen, jede Menge Monster, Ungeheuer und sonstiges verstrahltes Gewürm. Die Stationen der Ringlinie haben sich zur Ringlinie zusammengeschlossen und handeln mit dem wenigen, was es noch gibt: Tee, Schweine und Ratten.
OK, wer jetzt neugierig geworden ist, muss selbst lesen, denn nun geht´s zurück in die Realität und da wird´s richtig unheimlich. Wenn man also einem der beliebtesten Moskauer Hobbies frönt - Lesen in der Metro, in jeder Situation und ohne umzufallen - und dabei Glukhowskis Buch in den Händen hält, kann es schon mal vorkommen, dass man Tintenherz-mäßig in die Handlung eintaucht. Seit in der Ukraine nämlich Schweinegrippen-Alarm herrscht und auch die russische Regierung zugeben musste, dass schon ein bis zwei Russen an Schweinegrippe gestorben sind, sind Atemschutztmasken Mode. Und das vor allem in der Metro. Das Gerücht will es schließlich so, dass die bösen Viren die russischen Kältegraden verabscheuen, sich dafür aber in der muckelig warmen Metro pudelwohl fühlen. Und wo kann man sich besser anstecken, als an einem Ort, an dem man seinem Nahbarn regelmäßig so dicht auf die Pelle rückt, dass man schon gezwungenermaßen die Haare zählt, die aus seinen Ohren sprießen.
Kurz und gut: Die Leute sehen aus wie Aliens, zumindest aber wie Menschen, die nicht erwarten, diese Metro je wieder lebend zu verlassen. Dmitrij Glukhowski hätte seine wahre Freude daran.
Die Handlung ist so simpel wie düster. Wir schreiben - das sagt ja schon der Titel - das Jahr 2034 und befinden uns - auch das sagt ja der Titel - in den Katakomben der undurchschaubaren Moskauer Metro. Irgendwelche Idioten haben die ganze Oberfläche mit Atombomben kaputt gemacht und die paar Menschen, die das Inferno überlebt haben, schmachten nun in den Tunneln und Stationen der Metro. Natürlich geht es da unten nicht so gesittet zu, wie sich unsereins sicherlich im Fall einer globalen Katastrophe verhalten würde. Die Menschen haben sich zu Art Kleinstaaten in den verschiedenen Mertostationen zusammengerauft. Da gibt es die Kommunisten (die leben natürlich auf der roten Metrolinie), Menschenfresser, Technikfeinde, die dem "großen Wurm" huldigen, jede Menge Monster, Ungeheuer und sonstiges verstrahltes Gewürm. Die Stationen der Ringlinie haben sich zur Ringlinie zusammengeschlossen und handeln mit dem wenigen, was es noch gibt: Tee, Schweine und Ratten.
OK, wer jetzt neugierig geworden ist, muss selbst lesen, denn nun geht´s zurück in die Realität und da wird´s richtig unheimlich. Wenn man also einem der beliebtesten Moskauer Hobbies frönt - Lesen in der Metro, in jeder Situation und ohne umzufallen - und dabei Glukhowskis Buch in den Händen hält, kann es schon mal vorkommen, dass man Tintenherz-mäßig in die Handlung eintaucht. Seit in der Ukraine nämlich Schweinegrippen-Alarm herrscht und auch die russische Regierung zugeben musste, dass schon ein bis zwei Russen an Schweinegrippe gestorben sind, sind Atemschutztmasken Mode. Und das vor allem in der Metro. Das Gerücht will es schließlich so, dass die bösen Viren die russischen Kältegraden verabscheuen, sich dafür aber in der muckelig warmen Metro pudelwohl fühlen. Und wo kann man sich besser anstecken, als an einem Ort, an dem man seinem Nahbarn regelmäßig so dicht auf die Pelle rückt, dass man schon gezwungenermaßen die Haare zählt, die aus seinen Ohren sprießen.
Kurz und gut: Die Leute sehen aus wie Aliens, zumindest aber wie Menschen, die nicht erwarten, diese Metro je wieder lebend zu verlassen. Dmitrij Glukhowski hätte seine wahre Freude daran.
Mischkala - 7. Nov, 18:30

Als Kundin bin ich wirklich leicht zufrieden zu stellen. Fast immer freundlich und stets entscheidungsfreudig. Die Verkäuferin sitzt gähnend hinter der Theke und strickt gemütlich weiter an den Söckchen für den Enkel, während ich gerne einkaufen möchte? Mir egal - soll sie doch - ich bin ein Fan selbst gestrickter Oma-Socken. Auf der Post warte ich eine Viertelstunde auf eine Briefmarke, weil die Briefmarken-Frau am Handy mit dem Liebsten turtelt? OK - ich will das junge Glück nicht stören. Nur eines treibt mich die Wände hoch: Wenn ich mein Geld nicht loswerde. Egal, ob beim Obsthändler auf dem Markt oder am Zeitungskiosk auf dem Flughafen - ständig diese Feilscherei wegen zu großer Scheine. Dabei haben die Russen ja beinahe nichts anderes als Scheine. Das Kleingeld werfen sie schon Mal achtlos auf den Boden - da kann man eh nichts für kaufen - und in den eigenen Taschen sammeln sich die Geldscheine, so dass man endlich mal das Gefühl bekommt, man wisse nun, was ein "dicke Brieftasche" ist. Besitzt man nun aber die Frechheit, mit einem 500-Rubel-Schein bezahlen zu wollen, wird man abgewiesen. Kein Wechselgeld vohanden! Nun sind 500 Rubel nicht die Welt, gerade ein wenig mehr als zehn Euro. Aber die Aliens hinter dem Verkaufstresen gucken so, als habe man ihnen gerade einen 1000-Euro-Schein vor die Nase gelatzt. Genausogut könnte es auch eine Katzenpfote oder drei Wochen alter Fisch sein. Alles zureden hilft nichts. Sie weigern sich einfach, mir etwas zu verkaufen. Und ich, der Kunde, der König, muss loslaufen und jemanden suchen, der die Gnade besitzt, mich von meinem Reichtum zu erlösen. Und während ich rumirre, mit knurrendem Magen und trockenem Hals, mit meinem unverschämten 500-Rubel-Schein in der Hand, denke ich: Das ist keine Servicewüste mehr, das ist der Servicemond, oder ganz einfach: Service am Arsch!
Die Jungen sind ein wenig ratlos. So wenig Patriatismus - versinkt Deutschland dann nicht bald im Terror, Kriminalität, Extremismus und Drogen - kurz im totalen Chaos? Die Antwort übernimmt Alexander Grigorowitsch - Offizier, Erzieher, Historiker, Museumsleiter und Strenge-Blicke-Verteiler. Mit seinen 1,60 Meter und den O-Beinen sieht er aus wie das Abbild eines Reit-Jockeys. Aber Alexander Grigorowitsch ist Fallschirmspringer und Fliegerheld. Er trägt noch immer die Uniform der russischen Armee, auf der die Blutgruppe und der Rhesusfaktor aufgestickt sind. Alexander Grigorowitsch ist also für alle Kriegsfälle vorbereitet und holt mal eben zu einem atemlosen Referat über das preußische - also deutsche - Militärwesen und die Freundschaft zwischen Otto von Bismarck und Zar Alexander III. aus. Was das nun mit der Liebe zum Vaterland zu tun hat? Keine Ahnung. Auf jeden Fall sind die Jungs jetzt in weniger vermintes Gelände vorgedrungen. Was dieses "Hoffenheim" ist, von dem sie gehört haben und ob Michael Ballack wohl am Wochenende spielen kann? Schnell noch ein paar Erinnerungsfotos mit den Gästen, dann gehts ab in die Kantine - im Stechschritt versteht sich.
Eine Stunde später gibts dann doch noch Kosaken, wie dem "Kurier des Zaren" entstiegen. In Starotscherkassk, der alten Hauptstadt der Don Kosaken, ist die Luft Anfang November immer noch schwer vom Duft der Blätter und Staub der Steppe. Zwischen den vereinzelten Häusern verliert sich der Blick in der braunen Endlosigkeit. Irgendwo dort hinten soll es auch Kamele geben. Und singen können sie, die Don Kosaken. Mit soviel Inbrunst, dass man sofort die paar Meter zum trägen Don schlurfen möchte und sich in den glitzernden Fluten ertränken. Die Stiefel knallen auf dem Parkett, die Augenbrauen rutschen immer tiefer vor Gram und die Fäuste schwirren durch die Luft. Man versteht kein Wort von dem, was sie da singen und fragt sich: Ob auch sie davon träumen, ihr Leben dem Vaterland zu opfern?







...entscheidet sich fürs Büffet. Kein Wunder: Wenn Botschaftskoch Alois Schweinebraten, Sauerkraut und Kartoffelsalat auftischt, gerät die Wahl zum deutschen Bundestag ganz fix zur Nebensache. Im Berliner Willy Brandt Haus wurde getrauert, Jürgen Trittin riss Renate Künast beim Jubeln fast den Arm ab, nur in Moskau wurde weiter gekaut. Die auf den Tischen für spontane Schweißausbrüche bereit gelegten Erfrischungstücher kamen jedenfalls kaum zum Einsatz. Die meisten Besucher bei der Botschaftsparty nahmen das Wahlergebnis mit diplomatischer Gelassenheit hin. Mal abgesehen von dem kleinen Aufschrei im Saal, als die erste Hochrechnung für die FDP veröffentlicht wurde (eher ein Freudensschrei, als ein Erschrecken) und eines einsamen Herren, der beim Auftritt von Münte und Frank-Walter fast in die Großbildleinwand hineinkroch und immer wieder mit Leichenbittermiene den Kopf schüttelte (so als sehe er selbst die viel zitierte "146-jährige Geschichte der großen Volkspartei" an seinem inneren Auge vorbei ziehen). Der Nippes von den Linken und Grünen, Kugelschreiber und Luftballons, blieb unangetastet. Besser ging da schon Wowis Imagebroschüre "Be Berlin". Arm ist vielleicht doch sexy.

